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Was bedeutet es ein:e Soldat:innenpartner:in zu sein?

Derzeit läuft der Abzug aus Afghanistan. Mein Mann war zuletzt 2017 für ein halbes Jahr in Kunduz und ich möchte gern davon erzählen. Nicht von seinem Übersetzer, General Gaderi und den Essen mit afghanischen Würdenträgern. Sondern über das, was dieser Auslandseinsatz mit unserer Beziehung gemacht hat.

Wir sind seit Ende 2016 verheiratet, ich bin seine zweite Ehefrau und es war für Ihn der dritte, für mich der erste Auslandseinsatz. Es gibt Broschüren und Betreuungsangebote seitens der Bundeswehr und ich bin davon überzeugt, dass ein Austausch mit Menschen in ähnlicher Lage sicher hilfreich sein kann. Was mir aber nicht klar war und worauf mich keiner vorbereitet hatte, waren die Rückkehr und die Zeit danach, welche sich für uns als das eigentlich schwierige daran herausgestellt hat.


Es gibt bei Auslandseinsätzen drei Phasen: Die Zeit davor, währenddessen und danach.


Vor einem Einsatz müssen viele Dinge geregelt werden, das dürfte jedem klar sein. Am herausforderndsten fand ich dabei die Beschäftigung mit dem Tod. Es macht was mit einem, nicht nur theoretisch eine Patientenverfügung auszufüllen und ganz besonders grauenvoll war für mich die Beschreibung, wie mir im Falle seines Todes die Hiobsbotschaft überbracht werden würde.


Für den Soldaten bleibt die Zeit in dem Moment stehen, in dem er losfliegt, er ist in einem anderen Land unter anderen Lebensbedingungen 24/7 in Uniform und damit nicht nur lokal, sondern vor allem auch mental ununterbrochen im Einsatz. Das gleiche gilt natürlich für Soldatinnen, ich schreibe hauptsächlich in der männlichen Form, da meine persönlichen Erfahrungen auf meinem Mann zurückgehen.


Gary Chapman der Autor der „fünf Sprachen der Liebe“ hat eine Military Edition veröffentlicht (leider nur auf Englisch). Kurz zusammengefasst geht es bei seinem Konzept um den Lovetank (mit Tank ist hier kein Panzer gemeint). Ein jeder von uns möchte diesen gefüllt haben, um sich geliebt zu fühlen. Um unsere Liebe zueinander auszudrücken, benutzen wir unterschiedliche Sprachen: Lob und Anerkennung, Hilfsbereitschaft, Zweisamkeit, Geschenke und Zärtlichkeit. Jeder von uns hat sozusagen eine Muttersprache der Liebestaten erlernt und nicht selten kommt es aufgrund eines nicht Verstehens dieser Liebessprachen innerhalb der Beziehung zu dem Gefühl, nicht geliebt zu sein. Dabei drücken die Beteiligten die Liebe nur eben auf ihre Weise, also in ihrer Sprache aus und im Gegenzug bekommen sie wahrscheinlich viele Liebesbekundungen gar nicht mit, da diese nicht als solche verstanden und damit wahrgenommen werden. Chapman erklärt im Buch wie er die fünf Sprachen entdeckte und erforschte. Anhand zahlreicher Beispiele bekommt der Leser tiefe Einsichten und praktische Erfahrungen geschildert, die jeder sofort umsetzen kann. Die Military Edition ist im Grunde einfach das Buch plus auf Soldaten gemünzte Tipps.

Ich hatte zwar seinerzeit noch nichts von dem Konzept gelesen, wir haben aber intuitiv damals ein paar Dinge beherzigt. So hatte ich für meinen Mann zum Abflug z.B. einen Abreißkalender gebastelt mit Sprüchen und Bildern für jeden Tag. In 25iger Schritten stand noch 175, 150, 125 usw. mal Schlafen unter dem jeweiligen Tag. Er sagte mir, er habe sich jeden Tag darauf gefreut, manchmal habe er es auch vergessen, aber das lag dann am sehr stressigen Alltag.


Das Danach ist die eigentliche Herausforderung


Bei einem privaten Treffen kam es ein Jahr danach zum Austausch unter uns Partner:innen und das Erstaunen war groß, denn wir hatten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Dabei war nicht die Analogie der Auslöser der Verwunderung, sondern die Heftigkeit der Reaktionen. Eine Geschichte, ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben: Sie hatte im Haus das Wohnzimmer renoviert und dabei auch die Möbel umgestellt, so dass es nun viel offener und schöner zur Geltung kam. Er zurück aus Afghanistan sprach wohl zwei Tage kein Wort mit ihr und räumte alle Möbel zurück auf den Platz, wo sie vor seinem Einsatz standen.

Bei uns war es so, dass mir mein Mann spätestens drei Monate nach seiner Rückkehr mit seiner permanenten Forderung nach Rücksichtnahme auf die Nerven ging. Zunächst war mir das klar und auch kein Problem. Er bezeichnete sich als besonders dünnhäutig und sensibel. Das kannte er bereits von sich von den vorherigen Einsätzen und bei aller Liebe im wahrsten Sinne des Wortes, hatte bereits eine Ehe darunter sehr gelitten und ich war nicht bereit, das einfach hinzunehmen. Ich hatte einen anderen Menschen vor mir und große Sorge, dass diese Veränderung seiner Persönlichkeit sich nicht auflösen, sondern verhärten würde. Wir stritten sehr viel in dieser Zeit mit Vorwürfen und Mauern, Unverständnis, Anklagen und immer wieder diese Forderungen nach Rücksicht. Ein heftiger Streit mit seinen Kindern brachte die Wende. Mein Mann begriff, dass auch er unsere Beziehung mitgestaltet und kein Opfer der Umstände ist.


Was haben eine Pandemie und ein Auslandseinsatz gemeinsam?


Viele meiner beziehungstherapeutisch tätigen Kolleg:innen sprachen zuletzt von einem Brennglaseffekt, den die Coronapandemie auf Partnerschaften ausgeübt hat. Der Wegfall von sozialen Kontakten und Aktivitäten führte dazu, dass die Partner:innen sich gezwungenermaßen mehr mit sich selbst beschäftigten. Es gab keine Essen mit Freunden, keine Kulturveranstaltungen, nicht einmal Fitness im Studio, Gesellschaftstanz oder Schwimmbad- und Saunabesuche. Stattdessen Homeoffice, Homeschooling, Hometrainer, Heimkino etc. Das führte bei einigen zu vermehrten Streitereien, denn zu viel Nähe tut nicht jeder Liebe gut. Es war eine neue Situation eingetreten, in die sich beide erst einmal einfinden mussten.

Das gleicht dem Zustand und dem sich wieder Annähern nach einem Auslandseinsatz. Beide Partner:innen hatten währenddessen unterschiedliche Freiräume, die verschieden gefüllt wurden und die nach der Rückkehr plötzlich wegfallen. In dem Forschungsbericht „Leben nach Afghanistan – Die Soldaten und Veteranen der Generation Einsatz der Bundeswehr“ von Dr. Anja Seiffert und Julius Heß M.A. ist zu lesen, dass die Einsätze überraschenderweise nicht zu einer höheren Trennungsrate führten, dass sich aber gezeigt hat, dass es „sinnvoll und auch notwendig scheint, langfristig unterstützende und flankierende Maßnahmen für die Paarbeziehungen und Familien zu implementieren, die die Probleme abmildern und den betroffenen Paaren und Familien dabei helfen, positive Perspektiven zu entwickeln. (Seiffert/Heß 2014)“

Ich bin überzeugt, dass uns die Zeit nach der Rückkehr aus dem Einsatz mit ihren großen Herausforderungen diejenigen Ressourcen hat bilden lassen, die uns leichter durch die Coronakrise getragen haben. Darunter sind Kommunikationsfähigkeiten, Emotionsregulation, Bewusstsein, Achtsamkeit, sowie Differenzierungsfähigkeit.

Wenn Sie sich Unterstützung wünschen, nehmen Sie sehr gern Kontakt zu mir auf. Ich möchte gerade auch Angehörigen meine Hilfe anbieten. Außerdem möchte ich an dieser Stelle auf eine mögliche PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) hinweisen, die der Behandlung bedarf. Für Informationen gibt es eine gelungene App namens „CoachPTBS“, in der anonym und umfänglich über Unterstützung und weiterführende Hilfsangebote informiert wird, schauen Sie hier (Wie die Bundeswehr bei PTBS hilft) oder sprechen Sie mich einfach an.

Herzliche Grüße, Stefanie

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